Ein auf körpereigenen Stammzellen basierendes medizinisches Verfahren wurde zum ersten Mal zur Zulassung empfohlen.

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat zum ersten Mal ein auf körpereigenen Stammzellen basierendes medizinisches Verfahren zur Zulassung empfohlen. Das zur Behandlung der seltenen Augenerkrankung LSCD entwickelte „Holoclar“ hat damit einen wichtigen Schritt hin zur möglichen Anwendung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft erreicht. Die Aufbewahrung von eigenen Stammzellen z. B. aus der Nabelschnur wird daher immer wichtiger.

Verletzungen des Auges, etwa durch chemische Substanzen oder große Hitze, können wichtige Bereiche des komplexen Sinnesorgans zerstören. Einer davon ist der Übergang von der transparenten Hornhaut (lateinisch Cornea) zur weißen Lederhaut (lateinisch Sclera) – auch Limbus genannt. Dort befindet sich ein bedeutendes Reservoir an Stammzellen, die für eine stete Erneuerung des Auges verantwortlich sind. Schäden in diesem Bereich können zur sogenannten Limbusstammzellinsuffizienz (kurz LSCD) führen. Für die Betroffenen bedeutet das neben Schmerzen, Lichtempfindlichkeit und Sehbeeinträchtigung unter Umständen auch den Verlust des Augenlichts. Schätzungen zufolge sind 3,3 von 100.000 Menschen in der Europäischen Union von LSCD betroffen.

Einzige Behandlungsoption war bisher die Hornhauttransplantation. Doch neben der Suche nach einem passenden Spender ist sie auch aufgrund möglicher Abstoßungsreaktionen nicht unproblematisch. „An diesem Punkt setzt das vom italienischen Unternehmen Chiesi Farmaceutici S.p.A. entwickelte Holoclar an. Denn es basiert auf patienteneigenem (autologen) Gewebe. Dieses wird zusammen mit den darin enthaltenen Stammzellen aus einem nicht beschädigten Bereich des Auges entnommen und wächst in einer speziellen Zellkultur heran“, erklärt Dr. Marion Bartel von der Vita 34 Fachberatung. Anschließend wird das verletzte Hornhautgewebe entfernt und durch das neu gezüchtete Material ersetzt.

Wie andere Verfahren auf der Basis lebenden Gewebes, zählt auch Holoclar zu den sogenannten neuartigen Therapien (ATMP). Damit Medikamente und Therapieverfahren im klinischen Alltag angewendet werden dürfen, müssen sie vorher einen Zulassungsprozess durchlaufen. Für klassische Arzneimittel ist dabei üblicherweise die Arzneimittelbehörde der einzelnen Staaten zuständig. Bei ATMPs hingegen ist eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zwingend vorgeschrieben. Dafür werden die Verfahren oder Medikamente vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bewertet, nachdem sie von den wissenschaftlichen Arbeitsgruppen eingehend analysiert wurden. Für den Weg einer neuen Therapie hin zum Patienten, so erklärt Enrica Alter, Leiterin der Abteilung für die Entwicklung und Bewertung von Humanarzneimitteln bei der EMA, sei eine Zulassungsempfehlung daher ein wichtiger Schritt.

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